...was vor fünf Jahren am 22.02.2016 geschah?
An diesem Tag bzw. besser gesagt in dieser Nacht stand die Feuerwehr Gramastetten vor einem der schwierigsten und herausfordernsten Einsätze in der jüngeren Geschichte unserer Feuerwehr. Als um exakt 23.44 Uhr die Sirenen in und um Gramastetten losheulten ahnte noch niemad, welche Nacht uns bevorstand. Ich möchte gerne aus "erster Hand" die Ereignisse wiedergeben, die sich bei diesem Einsatz zutrugen und bitte schon im Vorfeld um Nachsicht für manch persönliche Bemerkung!
Wenn uns die Sirenen zum Einsatz rufen ist einer der ersten Blicke in der Umkleide immer auf unser Alarmdisplay - dort wird der Einsatzgrund, der Einsatzort und ggf. auch noch Informationen zur alarmierenden Person (Name, Telefonnummer etc.) angezeigt. In jener Nacht stand dort geschrieben: "Brand Gebäude - Menschenansammlung, Alarmstufe 2, Arcus Sozialforum, Schmiedberg 17, 4201 Gramastetten". Spätestens zu diesem Zeitpunkt war jedem klar - es zählte jede Sekunde! Kurz nach dem Eintreffen im Feuerwehrhaus, noch während wir uns umzogen rief mir unser Kdt. Dieter Reithmayr zu: "Markus, du bist eh vorbeigefahren - was hast Du gesehen?". Ich entgegnete: "Nichts, nur das blinkende Alarmlicht, kein Rauch, keine Flammen...". Den Satz beendete ich bereits am Weg in die Fahrzeughalle. Wir machten uns also auf den Weg - als erstes das Kommandofahrzeug mit unserem Kommandanten - kurze Zeit später unser TLF-A und LFB-A mit den restlichen Kameraden. Von der Alarmierung bis zum Zeitpunkt unseres Eintreffens am Unglücksort vergingen lediglich 3 Minuten. Bereits während der kurzen Anfahrt legten wir unsere Atemschutzgeräte an, bereiteten uns und unsere Ausrüstung so gut es während der Fahrt ging auf den Einsatz vor. So ruhig und konzentriert wie eben möglich saß jeder Handgriff - 100te Male geübt, im Einsatz aber eben doch immer wieder eine Herausforderung. Beim Objekt eingetroffen und kaum zum Stillstand gekommen, öffnete HBI Kdt. Didi Reithmayr die hintere Tür mit den Worten "1. Obergeschoß, mehrere Personen eingeschlossen - macht Euch bereit!" Unser Atemschutztrupp, bestehend aus Michael Ginterseder, Mario Vitale und mir war bereit, soweit man eben bereit sein konnte... Wir legten die Masken an, übernahmen das Strahlrohr und liefen in das Gebäude während unsere Kameraden bereits von außen mit dem ersten Löschangriff begannen. Im Erdgeschoss angekommen gab es zu unserer Verwunderung keine Spur von einem Brand - weiter ging es ins 1. Obergeschoss - ein letzter kurzer Check der Ausrüstung - 200 Bar druck, "Daumen hoch" der Kameraden und wir öffneten die Brandschutztür zum Wohnbereich. Was uns dort entgegenkam war dichtester Rauch und enorme Hitze aber - keine Flammen! Am Boden kriechend kämpften wir uns tastend vorwärts, Meter für Meter - Sichtweite max. 20cm. Man muss sich dass so vorstellen, als würde man im dichtesten Nebel mit Fernlicht fahren - die Helmlampe sowie der Handscheinwerfer blenden einem selbst, bringen aber nur wenig zusätzliche Sicht! Durch den Brandverlauf bzw. auch die baulichen Eigenschaften des Objekts wurden wir im wahrsten Sinne des Wortes langsam "durchgegrillt" und wir kamen sowohl was die menschliche Belastbarkeit, wie auch die Belastbarkeit des Materials betrifft ans absolute Limit. Vorangetrieben wurden wir durch die Schreie der eingeschlossenen Personen und vom Adrenalin welches in solchen Situationen zwangsläufig ausgeschüttet wird. In solchen Momenten läuft ein antrainiertes Programm ab, man denkt nicht viel darüber nach "was wäre wenn?" Erst im Nachhinein kommen diese Gedanken. Hätte der glühend heiße Rauch in der Erstphase durchgezündet wären wir mitten in einem Inferno gestanden und hätten das Gebäude wohl kaum auf eigenen Beinen verlassen. Glücklicherweise wurde aber parallel im Außenbereich von den Kameraden mit umfangreichen Löscharbeiten begonnen bzw. das Gebäude mittels Hochleistungslüftern überdruckbelüftet und somit möglichst rauchfrei geschaffen. Nach und nach kamen auch immer mehr alarmierte Nachbarfeuerwehren zum Einsatzort und wurden von Kdt. und Einsatzleiter Reithmayr routiniert Ihren jeweiligen Aufgaben zugewiesen. Ein beigezogener Kranwagen, welcher dankenswerter Weise von der Firma Dach & Wand Grilberger zur Verfügung gestellt wurde sowie dessen erfahrener Fahrer Christian Grilberger konnten rasch mit der Öffnung der Dachhaut (aus Blech) beginnen was zum Ziel hatte, endlich bis zum Brandherd vorzudringen. Parallel wurde mittels der Teleskopmastbühnen der Feuerwehren Zwettl bzw. Walding auch mit den Löscharbeiten von oben begonnen! Zu diesem Zeitpunkt konnten bereits alle Personen, welche sich noch im Gebäude befanden, weitestgehend unversehrt evakuiert werden - alle bis auf Einen.
Für den Bewohner, in dessen Zimmer der Brand seinen Ausgang nahm kam leider jede Hilfe zu spät - ihm konnten wir nicht mehr helfen. Es sind selten diejenigen die überleben, aber oft diejenigen die man verliert, die einem als Feuerwehrmitglied in Erinnerung bleiben.
Bei diesem "speziellen" Einsatz sind es aber auch die leiser werdenden Hilferufe der Bewohner, welche ich und viele von jenen die Sie gehört haben wahrscheinlich nicht vergessen werden!
Vom Einsatzablauf her war dieser Brand, so tragisch er auch war, ein Musterbeispiel an Zusammenarbeit und Effizienz. Eine große Anzahl an Mensch und Gerät wurde effizient platziert, eingesetzt und koordiniert - alle Maßnahmen gingen Hand in Hand und nur dadurch konnte größerer Schaden an Menschen bzw. dem Objekt abgewendet werden! Kdt. Reithmayr leitete den Einsatz mit viel Übersicht und wurde in der Einsatzleitung nicht nur von seinem Stellvertreter Michael Ginterseder sondern auch vom ebenfalls anwesenden Bezirksfeuerwehrkommandanten Oberbrandrat Enzenhofer bzw. Abschnittsfeuerwehrkommandanten Brandrat Reiter tatkräftig unterstützt.
Nach knapp 17 Stunden konnte der Einsatz in den Abendstunden des 23.02.2016 beendet und die Einsatzbereitschaft wiederhergestellt werden.
Dieser Bericht soll erinnern, an jenen Menschen der gestorben ist, an jene die gerettet wurden und an die vielen Menschen, die zu Hilfe kamen als Hilfe notwendig war!
Wir werden künftig immer wieder Berichte über historische Ereignisse in der Geschichte der FF Gramastetten veröffentlichen und versuchen, diese mit dem persönlichen Blickwinkel von Beteiligten wiederzugeben - wir freuen uns auch künftig über Ihr Interesse!
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